Erstes Treffen ‚Permakultur & ökologisch Bauen‘ in der Nordpfalz
Zeitgleich zum Sobawi Sommertreffen kamen in Waldgrehweiler zehn Menschen zusammen, um sich Gedanken zu machen wie eine ‚andere‘ Art des Bauens möglich ist. Da der Aufruf in der Sobawi sowie in der Permakultur geteilt wurde, entstand eine bunte Mischung von Menschen aus allen Teilen Deutschlands die sich auf das Wagnis einließen: für vier Tage auf einem komplett unbebautem Baugrundstück zu leben, sich eine einfache Infrastruktur zu schaffen und das Grundstück sowie das Umfeld zu erleben.
Im späteren Prozess haben wir aus einer Auswahl an Themen Ideen entwickelt:
- Welche Struktur (für den Bauprozess) wird benötigt und welche Möglichkeiten ergeben sich daraus,
- Wie können Prozesse miteinander gestaltet werden;
- Wie ist es möglich Ressourcen während und nach dem Bauen sinnvoll zu verwenden;
- Welche Gestaltungsmöglichkeiten sind für die Sukzession sinnvoll und
- wie lassen sich die Grenzen zwischen den Permakultur-Prinzipien und dem Bauen verbinden.
Außerdem haben wir das Grundstück genau beobachtet und analysiert und es kamen auch Themen wie ‚Hausbau 2.0 – was würdest du anders machen‘, rechtliche Aspekte zum Thema Bauen und das Thema Sanierung im Altbestand zur Sprache. Wir haben anhand eines konkreten Beispiels Vor- und Nachteile des Lasttragenden Strohballenbaus erörtert, Lehmproben mit dem Lehm des Grundstücks hergestellt und bewertet (der übrigens sehr gut ist),
einen sehr natürlichen Bauerngarten in der Nachbarschaft besucht und Saatgut gewonnen und neben den vielen, kleinen Gesprächen auch gesungen, getanzt und gelacht.
Auf dem Grundstück haben wir – anhand eines Pavillons eine Küche mit Essplatz – den Grundriss des Hauses getestet, eine wirklich zauberhafte (vermutlich die schönste komplett aus Recyclingmaterial hergestellte) Trockentrenntoilette fertig gebaut, mehrere Bäume umgesiedelt und ein Kompostsystem für die Zukunft angelegt.
Der ganze Workshop ist aus den Gesprächen mit der Baufamilie (Meike & Martin) und mir hervorgegangen, bei dem wir überlegt haben, welche Qualitäten wir uns für eine Baustelle und das spätere Gesamtbild von Haus und Grundstück wünschen würden. Klar war: ökologisch und Ressourcensparend zu bauen, gemeinsam im kleinen Kreis zu bauen und mit viel Eigenregie (und -energie) zu bauen. Was sich mit der Zeit immer mehr heraus kristallisierte war: Die Baustelle soll Freude bereiten und in kleinen, langsamen Schritten entstehen um Fehler und falsche Kompromisse zu vermeiden. Des weiteren haben wir gemerkt: Wir müssen vom Muster zum Detail planen um die Ganzheitlichkeit zu verstehen und zu bewahren. Und das funktioniert nur, wenn wir das Grundstück mit all seinen Gegebenheiten verstehen und die Bedürfnisse der Baufamilie kennen (und sie selber wissen, was sie wirklich wollen), die verschiedenen Bauweisen kennen und und die Vor- und Nachteile abwägen und den Bedürfnissen entsprechend auswählen können. Außerdem war es der Baufamilie wichtig Teile des Grundstücks auch während des Baues unbeschädigt zu erhalten, sich also jetzt schon über Abläufe und Bereiche der Baustelle bewusst zu werden.
Da all diese Gespräche anfänglich im kleinen Rahmen stattfanden, uns jedoch zunehmend wichtig wurde, diese Überlegungen, Unsicherheiten und auch dieses Wissen mit so vielen Menschen wie möglich zu entwickeln und zu teilen, ist die Idee eines Workshops entstanden. Dieser sollte vor Ort stattfinden und so viel Raum für Ideen wie möglich lassen, also im komplett unbebautem Zustand.
Begleitet hat mich und uns ein Urgestein aus der Permakultur und dem Strohballenbau: Harald Wedig. Er hat damals als einer der ersten ein privates Strohballenhaus in der Nähe gebaut und brennt ebenso dafür, Permakultur und ökologisches Bauen mehr in Verbindung zu bringen.
Und obwohl ich im Vorhinein unsicher war, wie es gelingen kann einen solch ‚neuen‘ Prozess zum rollen zu bringen, mit den schlechten Wetterprognosen gehadert habe und aufgeregt war, ob ich der Erwartung der weit angereisten Menschen auch entsprechen kann, stellte sich schon nach wenigen Stunden heraus, dass wir sehr schnell zu einem tollen, bunten Team geworden sind und uns ohne große Agenda tief in die Materie eintauchen können.
Das Miteinander hat uns alle berührt und vor allem bei der Baufamilie kam die Gewissheit: Hier beginnt etwas Neues, mit besonderer Qualität. Dass wir alle diesen Prozess gemeinsam mit ihnen beginnen konnten, hat uns alle bewegt und bestärkt. Und so hoffe ich, dass diese Idee sich vervielfältigt und wir den Prozess weiterhin aktiv miterleben dürfen.
Ich danke Meike & Martin für ihre Offenheit, sich trotz ihrer turbulenten Zeit auf das Abenteuer einzulassen und ihrer Fürsorge, die sie uns mit dem leckeren Essen und dem Drumherum gegeben haben. Ich wünsche euch viele schöne Erlebnisse auf eurer Reise!
„Lasst die Schönheit, die wir lieben, das sein, was wir tun. Es gibt hunderte Arten, die Erde zu küssen.“
Permakulturworkshop vom 11.09.-14.09 aus Sicht der Baufamilie
Ein Bericht von Übergang, Wandel und Vorgeschmack
So richtig wussten wir nicht, auf was wir uns einließen. Aber das Schlagwort Permakultur wurde im letzten Jahr sehr gehäuft zu unseren Ohren getragen. Doch wir hatten uns noch keine Zeit dafür genommen herauszufinden was das ist. Die Idee von Meike Kappenstein ökologisches Bauen und Permakultur in Verbindung zu setzen und noch dazu auf unserem im Frühjahr erworbenen Grundstück einen Workshop dazu abzuhalten, begeisterte uns sofort. Schnell wurden wir uns einig, dass wir die erforderliche Verpflegung als unseren Beitrag übernehmen würden. Zudem zeigten wir uns Ergebnissoffen, ob es ein Permakulturdesign zu unseren örtlichen Begebenheiten geben würde oder nicht. Neugierig war die Stimmung, welche uns trug. Ein geeigneter Zeitpunkt zu finden gestaltete sich allerdings als schwierig. So stand der Termin zwischen den letzten 3 Tagen unser jetziges zu Hause auszuräumen und einer zusätzlichen beruflichen Fortbildung Martins. Zudem lag da das Sommertreffen der Sobawi. Dies bereitete uns zunächst ein flaues Gefühl im Magen. Gleichzeitig konnte es für uns einen wunderbaren Einstieg in unser Sabbatjahr und ein Türöffner zu einem neuen Zuhause bedeuten.
Im Vorfeld war es uns kaum möglich uns ausgiebiger mit dem Workshop und der Logistik der Grundbedürfnisse und des Essens zu beschäftigen. Zu sehr waren wir mit dem Verteilen und Loslassens unseres Hab-und Gut beschäftigt, welches sich in 16 Jahren in einem großen Einfamilienhauses so ansammelt. Beim Ausräumen hatte ich schon früh im Kopf, dass es geschickt wäre die gebaute Trockentrenntoilette mit einem alten Schrank meiner Oma als Sichtschutz zu versehen und mit nach Waldgrehweiler zum Workshop zu nehmen. Auf dem Speicher fand ich zudem den Lattenrost aus meinem alten Stockbett, aus dem nun auch meine heranwachsenden Töchter herausgewachsen waren. Oh wie war das schön, noch unter dem großen Scheunendach wetterunabhängig die Grundkonstruktion des Toilettenhäuschens vorzubereiten. Raus aus dem Auszugschaos, rein in die Vorstellung, dass das erste Objekt auf dem Grundstück ein kleines Scheißhaus sein würde (grins ).
Parallel zum leerwerdenden Haus und den damit verbundenen Prozessen sorgte unsere jüngste Tochter bis zum Schluss für Anspannung, als sich herausstellte, dass der Wohnungs-,WG Markt fürs Studium in Trier völlig überlaufen ist. Wohin mit dem Kind? (Inzwischen hat auch sie eine Bleibe gefunden und kann pünktlich zum Oktober ihr Zimmer umsiedeln)
Erleichtert waren wir als Meike uns ca. 1 Woche vorher mitteilte, dass es nun max. 6 Teilnehmer werden würden. Also würden wir 10 zu verpflegende Personen sein. Da konnte ich mir die zu besorgende Essensmenge noch ganz gut vorstellen. Ich würde in 2 Familienportionen denken müssen. Die Auswahl der warmen Mahlzeiten richteten wir nach der jahreszeitlichen Gemüseausbeute unserer Gochsheimer SolawiGo. Kürbisse, Lauch, neue Kartoffeln, Tomaten und rote Beete waren schnell geerntet und fürs Frühstücksmüsli sammelte ich noch kurzfristig Äpfel und Birnen im sogenannten Apfeldschungel ein. Beim Brot haben wir uns etwas verschätzt, denn da mussten wir beim örtlichen Finkenbacher Bäcker schon zwei Tage vorher bestellen und konnten die zu verbrauchende Menge noch nicht einordnen.
Es war eine sich wunderbar ergebende Bereicherung vor Ort die Ressourcen kennen und nutzen zu lernen. Wir haben in Waldgrehweiler einen gut erreichbaren günstigen WoMo Stellplatz mit Dusch- und Geschirrspülmöglichkeit sowie die Option die täglichen benötigten Wassermengen dort in Kanistern abzufüllen und aufs Grundstück zu transportieren. Als eines der Highlights für uns erwiesen sich Lucies vielfältige Kochkisten. Sie brachte uns gleich drei aus ihrem Zuhause bei Frankfurt mit. Eine aus Holz, welche wir zusätzlich als Hocker, Schneidebrett und Kühlschrank nutzen konnten und zwei geräumige und wunderbar leichte Kochkisten, welche in einem gewöhnlichen Gartenlaubsack untergebracht waren. Beeindruckend durchdacht mit einem Holzservierring um das aus Stoff genähte und mit Stroh gefüllte Inlay nicht zu verschmutzen.
Martin und ich wären ganz schön aufgeschmissen gewesen mit unserer „minimalistischen“ Küchenausstattung des Wohnwägelchens Puck. Denn wo haben wir unser Geschirr, Besteck und Kochutensilien? Bei einer Freundin, dem Neffen, in Umzugskisten auf dem Speicher der Schwiegermutter? Es war ein wunderbar leichtgängiges Gefüge der Orga im Vorfeld des Workshops, aber auch des gesamten Wochenendes. Es war geprägt vom Flow des Miteinanders und des Hier und Jetzt der jeweiligen aufkommenden Situation. Wir sind sehr dankbar für diesen Eindruck und dem individuellen Ausdruck eines Jeden aus unserer Gruppe. Wir haben einen ersten Eindruck von Permakultur und ökologischem Bauen. Wir haben unser Grundstück und seine Gegebenheiten besser kennen gelernt und zahlreiche neue Ideen gewonnen für die Umsetzung und Gestaltungsmöglichkeiten die die Fläche uns für ein neues zu Hause bietet.
Danke Meike und Harald, Lucie, Maren, Cord, Andreas, Stephan und Petra und auch unseren herzlichen Waldgrehweilern Anna-Lena, Toni und Dorothea und Heinz.